Osteopathische Säuglings- und Kinderbehandlung

Orthopädie – der Name bedeutet: Umgang mit Kindern
(griechisch Ortho = gerade, Paidos = der Knabe, das Kind)

Die Behandlung von Kindern ist schon immer eine herausragende ärztliche Aufgabe gewesen. Die Behandlung des in Tonus und Symmetrie beeinträchtigten Säuglings ist eine der Stärken der Osteopathie (s.dort).

Mit bestimmten Techniken können Funktionsstörungen schon im Säuglingsalter gezielt und schonend behandelt werden. Wenn diese nicht rechtzeitig auffallen, können sie später zu Folgestörungen führen. Hier fällt als wichtigstes die sog. „Säuglingssschieflage“ oder auch „Tonusasymmetriesyndrom“ auf. Irrtümlich wird dieses Phänomen manchmal auch als sog. „KISS“ – Syndrom bezeichnet.

Die Techniken der osteopathischen Säuglingsbehandlung haben mit denen aus der herkömmlichen Osteopathie oder auch der Chirotherapie wenig gemeinsam.

Schieflage der Säuglinge – was ist das?

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ Der Mensch als physiologische Frühgeburt entwickelt sich erst außerhalb des Mutterleibes zu einem selbständig handelnden Wesen. Anfangs ist die körperliche Entwicklung nur von einfachen Reflexen geführt (z.B. Saugreflex, Greifreflex usw.) Auf diese bauen sich immer kompliziertere Bewegungs- und Haltungsmuster auf. Dabei findet die Entwicklung von „oben“ nach „unten“ statt. Zuerst muss das Kind in der Lage sein, seinen Kopf ohne wesentliche Anstrengungen anzuheben (Kopfkontrolle) Dann erst sind kompliziertere Bewegungen möglich.

Auch muss die Entwicklung beidseitig ablaufen. Eine Entscheidung, ob das Kind Links- oder Rechtshänder wird, ist oft erst im Kindergartenalter möglich.

Eine wichtige Rolle spielen in der Entwicklung die Muskeln und Gelenke sowie die Faszien im Nacken und im Becken. Nur dann, wenn diese Muskeln/Faszien und Gelenke frei beweglich sind, kann sich die körperliche „Reflexmotorische“ Entwicklung frei vollziehen.

Können die Muskeln, Faszien und Gelenke wegen einer reflexmotorischen Blockade oder Verhärtung nicht frei bewegt werden, kommt es zu den typischen Veränderungen an Kopf und Becken.

Beim Säugling sieht man die typische Schieflage im Bett oder eben nur eine Schieflage des Halses Andere Zeichen sind z.B. die Weigerung des Kindes, sich von beiden Seiten stillen oder füttern zu lassen.

Manchmal schreien die Kinder häufig oder lassen sich schlecht beruhigen (sog. „Schreikinder“). Wieder andere Kinder liegen schlapp in ihrem Bettchen und/oder benutzen Arme/Beine nur einseitig.

Nicht zueltzt können Veränderungen im Stuhlverhalten (Verstopfung, Blähungen Schreien beim „Vollmachen“ der Windel) auf eine Funktionsstörung des Schieflagensyndromes hindeuten.

Es sind auch Störungen denkbar wie häufiges Spucken nach den Mahlzeiten, dass in diesem Zusammenhang wie Erbrechen zu werten ist.

Bei länger andauernden Schieflagen typisch ist eine Verformung und Abflachung des Hinterkopfes, der sog. „Plagiocephalus“ (grisch. Plagio = platt, Kephalos = Kopf), auch können als Vorstufe stellenweise asymmetrischer Haarabrieb auftreten.

Behandlung und Ziel der Behandlung

Ziel der Behandlung ist es, gestörte Bewegungsmuster und reflektorische Veränderungen der Muskel, Faszien und Gelenke wieder zu normalisieren. Die Entwicklung des Kindes kann nur dann normal verlaufen, wenn in den genannten Strukturen keine Restriktionen oder Fehlempfindungen mehr vorhanden sind.

Hierzu werden osteopathische Techniken eingesetzt, die sowohl an den Faszien, aber auch den Muskeln und Gelenken sowie den Schädelknochen ansetzen. Diese Techniken sind, wenn richtig durchgeführt, risikolos und fast immer schmerzfrei.

Auch die Behandlung des Plagiocephalus ist möglich, aber meistens nicht erforderlich, da meistens eine spontane Korrektur gemäß der Verknöcherungslinien der Schädelknochen beim weiteren Wachstum auftritt.

Bei älteren Kindersn, wo der Symptomenkomplex zu spät oder unzureichend behandelt wurden und schon dauerhafte, eingeschliffene reflektorische Veränderungen wie z.B. die „sensomotorische Dyskibernese“, d.h. die minimale Entwickklungsverzögerung mit Störungen der Grob/ Feinmotorik und Koordination, kann der Einsatz der Osteopathie unter Umständen deutliche Entwicklungssprünge bewirken.

Das Behandlungsergebnis

„Find it, fix it and leave it alone „ (Dr. A.T. Still)

Spontane Bewegungsverbesserungen sind meist schon unmittelbar nach der Behandlung festzustellen.

Da aber durch die Behandlung nicht die Krankheit, sondern nur die falschen Stellgrößen behandelt werden, muss dem Kind mindestens eine, meistens aber auch zwei oder drei Wochen Zeit gegeben werden, die veränderten Bewegungsmöglichkeiten anzupassen. Meistens liegen die Kinder dann gerade im Bett und auch die Muskelspannung ist normal und schmerzfrei, Verdauungsprobleme bessern sich.

Wenn nach zwei bis drei Wochen Gelenk- und Muskelstörungen beseitigt und die Schieflage nicht mehr nachweisbar ist, ist keine weitere Behandlung, auch keine Krankengymnastik, erforderlich.

Manchmal wird aber auch nach dieser Zeit de Asymmetrie zwar besser, aber eben nur teilweise und man findet noch Auffälligkeiten, die dann eine Kontrollvorstellung beim behandelnden Arzt erforderlich machen.

Wichtig ist auch die Abgrenzung der Säuglingsschieflage vom „echten“ Schiefhals, der durch eine narbige Verkürzung des Kopfnickermuskels entsteht und einer anderen Therapie bedarf, sowie von anderen Störungen und Verzögerungen der sensomotorischen Entwicklung, was durch die Untersuchung nach Vojta erfolgt.

Komplikationen treten bei der Behandlung, vom versierten Behandler durchgeführt, praktisch nicht auf. Möglich sind sehr selten sog. „Erstverschlechterungen“, die aber fast immer nach einigen Stunden verschwinden. Sollte diese Verschlechterung über mehrere Tage, z.B. durch vermehrtes spucken oder schreien, bleiben, sollte eine kurzfristige Vorstellung beim Behandler erfolgen.

Literatur:

  1. Carreiro, J.E. DO: An osteopathic approach to Children
    Verlag Churchill Livingstone, Philadelpha,PA 2003
  1. Carreiro, J.E. DO: Pediatric manual Medicine
    Verlag Churchill Livingstone, Philadelphia PA 2009
  1. Coenen, W. Dr.med.: Bewegungsstörungen im Säuglingsalter
    Manuelle Medizin, 2011- 49; 171-188, Springer Verlag 2011
  1. DeStefano, L.A. DO: Greenman`s Principles of manual Medicine
    Verlag Lippincott Williams&ilkins, Philadelphia PA, 2011